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Der Wiener Anwalt Josef Fromhold wirft dem Unternehmen Lyoness vor, die Marke Rapid auszunutzen, um an mehr Mitglieder zu kommen.

Foto: reuters / foeger

Wien – Die Grazer Rabattfirma Lyoness ist erneut ins Visier der Justiz geraten, diesmal rund um ihre Sponsoringtätigkeit für den Wiener Fußballclub Rapid. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Lyoness-Gründer Hubert Freidl und der Lyoness Europe AG vor, bei weiteren Veranlagungen die Prospektpflicht verletzt zu haben. Eine der Anlagen heißt "Rapid".

Die WKStA verdächtigt Freidl und Lyoness des Verstoßes gegen das Kapitalmarktgesetz (KMG). Bereits im Dezember 2016 hat die WKStA beim Grazer Straflandesgericht einen Strafantrag gegen Freidl gestellt. Er soll prospektpflichtige Veranlagungen, nämlich Werbekampagnen respektive die Option "Premium Ranking Europe", ohne zeitgerechte Veröffentlichung eines kontrollierten Prospekts öffentlich angeboten haben und dadurch gegen das Kapitalmarktgesetz verstoßen haben.

Nun wurden die Ermittlungen ausgeweitet. "Wir ermitteln wegen weiterer Veranlagungen, die ohne zeitgerecht gebilligten Prospekt öffentlich angeboten wurden", sagte WKStA-Sprecher Rene Ruprecht am Dienstag zur APA. Eine der Veranlagungen heiße "Rapid", die weiteren "LEDV", "AT CC", "PL CC" und "S-E1CC". Die zusätzlichen Ermittlungen wurden aufgrund eines Anfangsverdachts eingeleitet, so der Behördensprecher. Auslöser war eine neue Anzeige.

Anleger werden getäuscht

Der Wiener Anwalt Josef Fromhold hatte bereits im Oktober 2015 eine Nachtragsanzeige zum Themenkomplex Rapid eingebracht. Er wirft dem Unternehmen vor, den bekannten Namen des Wiener Fußballclubs auszunutzen, um an mehr Mitglieder zu kommen. Einzahlern ins Lyoness-System werde suggeriert, dass man an den Einkäufen von Rapid-Unterstützern, "von denen es angeblich 700.000 geben soll", mitverdienen könne – nämlich dann, wenn diese die sogenannte Rapid-Cashback-Card haben. Jedoch würden die Leute sowohl über die Anzahl der Kunden als auch über die Zahl der Händler getäuscht, so Fromhold.

Lyoness hat im Sommer 2015 eine fünfjährige Partnerschaft mit Rapid geschlossen. Der Fußballclub soll demnach 1,8 Millionen Euro im Jahr bekommen. Loyness legte auch eine grün-weiße Cashback-Karte, die Rabatte im Einzelhandel in Aussicht stellt, sowie laut Fromhold 8.888 "Voucher" im Wert von je 1.500 Euro auf. Die Voucher-Käufer sollten von den Karten-Einkäufen profitieren.

Fanbindungsprogramm

"Bei der Kooperation mit dem SK Rapid Wien handelt es sich ausschließlich um ein Fanbindungsprogramm. Gemeinsam mit dem Verein wurde Mitte 2015 ein Cashback-Programm ins Leben gerufen, das seitdem von allen Beteiligten sehr erfolgreich umgesetzt wird. Die Mitgliedschaft bei diesem Cashback-Programm ist völlig kostenlos und unverbindlich. Daher sind keinerlei Veranlagungen möglich", erklärte Sabrina Naseradsky von Lyoness der APA in einem schriftlichen Statement.

Auch Rapid-Sprecher Peter Klinglmüller sagte zur APA, die Cashback-Karte koste nichts und sei freiwillig. Die Fans würden keinesfalls zwangsbeglückt. Die Karte werde "eifrig genutzt", Inhaber bekämen bei Lyoness-Partnerunternehmen und auch im Rapid-Fanshop Rabatte. Von Vouchern habe er "noch nie gehört", so Klinglmüller. Die Cashback-Karte sei keine Veranlagung, Beschwerden von Fans habe es nicht gegeben.

8.888 Voucher-Käufer

Anwalt Fromhold zweifelt am Erfolg der Lyoness/Rapid-Karte. Denn Lyoness kämen namhafte Händler abhanden, und jene, die noch mit der Firma kooperieren, akzeptierten die Karte nicht. Und selbst wenn die Karteninhaber fleißig einkauften, würden die Rabatte auf so viele Leute (8.888 Voucher-Käufer) aufgeteilt, dass für den Einzelnen kaum etwas übrig bliebe.

Die Einzahlung ins Lyoness-System – etwa über Voucher – sei eine Veranlagung, für die es einen Kapitalmarktprospekt brauche, so Fromhold. Diese Meinung teile auch eine Gutachterin, die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft beauftragt worden sei.

Die Gutachterin komme auch im Zusammenhang mit anderen Lyoness-Produkten zu dem Schluss, "dass die suggerierten Ziele nur über die Anwerbung von Mitgliedern zu erreichen sind", sagte der Anwalt.

Lyoness spricht von Altlasten

Die Vorwürfe Fromholds beziehen sich auf eine von mehreren Geschäftsschienen von Lyoness, nämlich auf den Strukturvertrieb. Dieser wurde vor ein paar Jahren in Lyconet umbenannt. Früher hat das Unternehmen unter anderem sogenannte Länderpakete verkauft: Mitglieder sollten mit ihrem Geld die Expansion in neuen Märkten finanzieren und vom Wachstum dort profitieren. Diese Pakete gibt es nicht mehr, Lyoness sprach mehrfach von "Altlasten", die man großteils bereinigt habe.

Stimmt nicht, sagt Fromhold. Denn nach den Länderpaketen seien die sogenannten Customer Clouds (CC) gekommen, die im Grunde nichts anderes seien. Wegen ein paar solcher Clouds, etwa die Südosteuropa-Cloud "S-E1CC", ermittelt jetzt die WKStA.

Lyoness am Dienstag dazu: "Die Ermittlungen der WKStA in Hinblick auf den noch offenen Punkt der vermeintlichen Prospektpflicht sind uns bekannt. Wir geben jedoch zu laufenden Ermittlungen keinen Kommentar ab."

Hunderte unzufriedene Mitglieder

An der Zivilrechtsfront hatte Lyoness immer wieder Ärger mit unzufriedenen Mitgliedern, die ihr Geld zurückwollen. Fromhold vertritt laut eigenen Angaben mehrere Hundert aus mehreren Ländern, viele hätten sich auch dem Strafverfahren angeschlossen.

In Österreich und auch in der Schweiz haben Zivilgerichte die Geschäftspraktiken von Lyoness schon öfter kritisiert.

In einem Fall ist Lyoness nun beim Landesgericht Salzburg mit seinem Rechtsmittel abgeblitzt. Eine Frau hatte Lyoness wegen knapp 4.000 Euro geklagt und bereits beim Erstgericht recht bekommen. Es ging um die juristische Frage, ob die Klägerin, die ins Lyoness-System eingezahlt, aber nicht das erhoffte Geld verdient hat, als Konsumentin oder Unternehmerin zu qualifizieren ist. Die Gerichte sehen sie als Konsumentin an, weshalb sie einen Rückabwicklungsanspruch habe, also ihr Geld zurückbekommt.

Undurchsichtiges Geschäftsmodell

Das Erstgericht sah im Geschäftsmodell von Lyoness ein verbotenes Schneeballsystem, wie aus dem Berufungsurteil hervorgeht: "Das von der beklagten Partei betriebene Geschäftsmodell sei als Schneeballsystem (...) zu qualifizieren. Die geschlossenen Verträge seien daher unwirksam (...)", heißt es in dem Berufungsurteil, das der APA vorliegt. Weiters ist in dem Salzburger Landesgerichtsurteil vom einem "derart komplizierten sowie undurchsichtigen Geschäftsmodell" die Rede. Eine Revision gegen das mit 4. Jänner datierte Urteil ist "jedenfalls unzulässig".

Mit Strafermittlern hatte Lyoness schon in der Vergangenheit zu tun, jedoch ist nichts herausgekommen. Im April 2016 hatte die WKStA ihr Verfahren unter anderem wegen des Verdachts des Pyramidenspiels und des schweren gewerbsmäßigen Betrugs eingestellt.

Laut Lyoness beziehen sich beide Fälle – die neuen WKStA-Ermittlungen sowie das Salzburger Urteil – "auf Altlasten, die vonseiten Lyoness laufend bereinigt werden. Lyoness hat sich in den vergangenen Jahren neu aufgestellt und seine Geschäftsbereiche einer expliziten Trennung unterzogen", erklärte die Sprecherin. Das Salzburger Urteil betreffe Produkte, die "längst nicht mehr angeboten" würden, es handle sich um eine "Einzelfallentscheidung". (APA, 31.1.2017)